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Pilzverein Augsburg Königsbrunn
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Aus Liebe zur Natur und zum Schutz unserer Pilze
Aus Liebe zur Natur und zum Schutz unserer Pilze

Das ehemalige Lechgerinne von 1750 bis 1923 n.Chr.


 
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Wir ersteigen die steile Böschung des Lechufers von 1923 und sehen nun ein ganz anderes Vegetationsbild; ausgedehnte Kiefernwaldungen begleiten jetzt unseren Weg. Auf tiefergründigen, feinsandigen und daher auch frischeren Böden ist es der Pfeifengras-Kiefernwald, der große Flächen einnimmt, mit dem Pfeifengras (Molinia coerulea), dem alpin verbreiteten Bunten Reitgras (Calamagrostis varia) zuweilen auch vermischt mit dem Schwalbenwurzenzian (Gentiana asclepiadea) und dem Klebrigen Lein (Linum viscosum), der wegen seiner großen rosagefärbten Blumen auffällt. In dieser Gesellschaft ist auch die alpine Dunkle Akelei (Aquilegia atrata) am liebsten zu Hause. Eine andere sehr charakteristische Alpenpflanze, die wiederholt genannte Schneeheide (Erica carnea), wagt sich allerdings noch kaum in die dichten Bestände des Pfeifengrases hinein. Nur selten vegetiert sie am Fuße der Föhren, hier streng an die Südflanke gebunden.

Wir gelangen nun an eine Fläche, wo grobes Kiesgeröll zu Tage tritt. Hier überrascht uns der Schneeheide-Kiefernwald in seiner ganzen Reichhaltigkeit. Die einzelnen Kiefernstämme rücken weiter auseinander und damit lichtet sich der Kronenschluß, mehr Licht und Wärme gelangt auf den Trockenrasen. Dichte Polsterbüsche der Schneeheide überziehen den Boden und verwandeln ihn im März und April in ein rosarotes Blütenmeer. Dazwischen gedeiht manch andere Pflanze alpiner Herkunft. Wir finden nach kurzem Suchen die hellgelb blühende Scheidenkronwicke (Coronilla vaginalis) mit ihren dicken auffallend blaugrünen Blättchen. Auch das Steinrösel (Daphne cneorum) fehlt hier nicht, ebensowenig wie die Buchskreuzblume (Chamaebuxus alpestris), das Brillenschötchen (Biscutella laevigata), der Amethystschwingel (Festuca amethystina), das Geschnäbelte Vermeinkraut (Thesium rostratum) und die Bergdistel (Carduus defloratus). Darüber hinaus hat auch der kontinentale und mediterrane Raum manchen Vertreter in diese Pflanzengesellschaft entsandt, den im Osten beheimateten Regensburger Geißklee (Cytisus ratisbonensis), oder die südlichen Ragwurzarten (Ophrys).

Bei dieser Fülle schöner und interessanter Formen fällt es uns schwer weiter zu wandern, aber auf dem Wege vor uns nimmt eine ganze Versammlung schwarzbrauner Mohrenfalter an einer zertretenen Schnecke unsere Aufmerksamkeit gefangen. Überhaupt werden wir jetzt erst des bunten Falterlebens besonders gewahr. Die prächtigen Blumen am Wegesrand werden von allen möglichen großen und kleinen Schmetterlingen umgaukelt. Je nach der Jahreszeit treffen wir auf verschiedene Falterwesen. Im ersten Frühjahr wird uns der Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni) erfreuen, etwas später auch der Kleine Fuchs (Vanessa urticae), das Tagpfauenauge (Vanessa io) und der immer seltener werdende Trauermantel (Vanessa antiopa), dann der Schwalbenschwanz (Papilio machaon), mehrere Bläulingsarten und wie die schmucken Faltergestalten alle heißen mögen. Wir können heute noch gut über siebzig Arten im Gebiet des Haunstetter Waldes antreffen.

 

Lachmöwennest am Lech, südlich von Augsburg

Wir kreuzen das Preisinggeräumt und erblicken zu unserer linken eine große Wiesenlichtung, die sog. Kupferbichlwiese, ehemals die reichste Orchideenwiese des ganzen Stadtwaldes. Hier prunkten einst die purpurroten Blütentrauben der Pyramidenhundswurz (Anacamptis pyramidalis) im Wettbewerb mit den seltsam geformten Blütenlippen der Ragwurzarten (Ophrys muscifera und Ophrys fuciflora). Seit dem letzten Kriege wird die Kupferbichlwiese bewirtschaftet, und so sind auch die letzten Zeugen jenes einst so herrlichen Orchideenflors in den vergangenen Jahren nach und nach verschwunden. Wiederum müssen wir uns fragen, wie Derartiges in einem Naturschutzgebiet möglich ist. Aber auch beim Weiterwandern werden wir immer wieder des menschlichen Einflusses gewahr. So weist z. B. der Pfeifengras-Kiefernwald in seiner Strauchschicht eine künstliche Fichtenbestockung auf, und nicht selten sind es reine Fichtenstangenhölzer, die der Mensch hier geschaffen hat. Die Fichte verringert die Artenmannigfaltigkeit der Bodenschicht in besonders empfindlicher Weise. Teilweise vermag sich dann nur noch die Weiße Segge ( Carex alba ) mit ihren feinen gelblichgrünen Blättern in großen Rasen zu behaupten. Dieses alpine Sauergras erreicht in den Fichtenforsten der Lechebene, sofern nur etwas Licht an den Boden gelangt, die höchste Massenentfaltung.

 

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