Heidevergleich
Bericht der Bayer. Bot. Ges. 66/67 vom 31.12.1996 Königsbrunner Heide und Garchinger Heide - ein Vergleich |
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4. Inschutznahme der verbliebenen naturnahen Restflächen |
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ZusammenfassungZwei Heiden an Lech und Isar sind auch heute noch seltene Kleinode ursprünglicher Vegetation mit einer ungewöhnlichen und vielfältigen Lebewelt. In vielerlei Weise weist jede Heide ihren eigenen Charakter auf und trägt so dazu bei, unsere engere Heimat weithin bekannt zu machen. 1. EinleitungDie Naturschutzgebiete „Königsbrunner Heide" und „Garchinger Heide" sind in der botanischen Welt weithin bekannt. Als floristisch besonders interessante Repräsentanten der Schottergebiete nördlich der Alpen liegen sie im Flußbereich des Lech bzw. der Isar. Die im Süden Augsburgs gelegene, ca. zwei Kilometer vom heutigen Lech entfernte Königsbrunner Heide umfaßt ein Areal von ca. zehn Hektar. Die Garchinger Heide, ca. 20 Kilometer nördlich von München gelegen, umschließt ein Gebiet von ca. 25 Hektar und befindet sich ca. vier Kilometer westlich der Isar. Beide Schutzgebiete sind voneinander ungefähr 50 Kilometer entfernt, liegen auf gleicher geographischer Breite und auf derselben Höhe von etwa 500 m ü.NN.
2. Entstehung und GeschichteDie zwei Heide-Flächen gehen erdgeschichtlich auf den gleichen Ursprung zurück. Die Eiszeiten mit ihrem Wechsel von Kälte- und Wärmeperioden haben im Laufe von zwei Millionen Jahren die Grundlage geschaffen. In diesem erdgeschichtlichen Abschnitt schoben sich die Gletscher der Alpen mehrmals in das Vorland vor und führten riesige Massen von Gesteinsschutt mit sich. Die Schmelzwasser wuschen die Schotter aus und verfrachteten sie weit in das Alpenvorland. Es bildeten sich flache Schotterwälle, die zum Teil wieder abgetragen wurden. So entstand einerseits im Vorfeld des Isargletschers die Münchner Schotterebene, andererseits führten die Gesteinsmassen des Lech - GIetschers nach der letzten Eiszeit zur Ausbildung des Lechfeldes zwischen Landsberg und Augsburg. In den unterschiedlich warmen nacheiszeitlichen Jahrtausenden bildete sich eine Schotterfläche, welche die wasserundurchlässige Flinzunterlage der Oberen Süßwassermolasse aus der Tertiärzeit überdeckte. Der am Alpenrand noch mächtige Schotterbelag dünnt sich nach Norden zu mehr und mehr aus. Er beträgt im Raum unserer Heiden nur noch wenige Meter. So findet sich bei unseren zu vergleichenden Heiden im wesentlichen die gleiche Entstehungsgeschichte. Daher ist es kein Wunder, daß beide Flächen zum großen Teil die gleichen Pflanzenarten aufweisen. Doch im weiteren geschichtlichen Ablauf gibt es Unterschiede: während der Raum der Isarheide wohl schon in früher Zeit keinen direkten Bezug zum Flußbett hatte und das Gebiet dort eine praktisch völlig ebene Fläche darstellt, ist es bei der Lechheide anders. Noch vor ungefähr 2000 Jahren war das Gebiet der heutigen Königsbrunner Heide Teil des weitgefächerten Lechbettes mit mäandrierenden Armen, Kiesinseln und Gräben. Im Laufe der Jahrhunderte hat der FIuß sein Bett allmählich nach Osten verlagert, heute fließt er, vom Menschen „gebändigt", kanalartig ca. zwei Kilometer weiter östlich. Spuren dieser Veränderung sind heute noch sichtbar. Es zeigen sich auf dem relativ kleinen Heidebereich noch flache, durchgehende Mulden ehemaliger Flußrinnen und -gräben. An seinem Rand liegt ein Quelltopf, der die Grenze zu den angrenzenden Kulturwiesen bildet. Seit der Absenkung des Grundwasserspiegels durch die Flußverbauung des Lechs sprudelt die Quelle allerdings sehr unterschiedlich und versiegt in trockenen Sommern. In den bis zu einem Meter tiefer liegenden, flach auslaufenden Mulden der Königsbrunner Heide kam es zu vermehrter Humusbildung, tiefergehende Wurzeln einer Reihe von Pflanzen konnten den Grundwasserspiegel erreichen. Auf diese Weise haben sich hier im Gegensatz zur Garchinger Heide, die einen mehr steppenartigen Charakter aufweist, eine Reihe von feuchtigkeitsliebenden Pflanzenarten angesiedelt und behauptet. Deren höhere Produktivität schlägt sich in stärkerer Humusbildung und - ablagerungen nieder. So finden wir auf der Königsbrunner Heide ein Mosaik wechselnder Mächtigkeit des Humushorizonts, das von wenigen Zentimetern auf höhergelegenen Stellen bis zu 40 cm am humusreichen Grabengrund reicht. Da ist es nicht verwunderlich, daß wir neben ausgesprochenen Steppenartenpflanzen wie das Kopfried (Schoenus ferrugineus und -nigricans) und die Kriech-Weide (Salix repens) beobachten. Auch die Sumpf-Gladiole (Gladiolus palustris), die in nassen Sommern zu Tausenden blüht, paßt letztendlich nicht zum Bild einer Schotterheide. Andererseits haben sich an trockenen Stellen, besonders in den letzten Jahrzehnten xerophile Pflanzenarten wie z.B. die Gold-Aster (Aster linosyris) und das Berg - Laserkraut (Laserpitium siler) erheblich vermehrt. So konnte sich auf der Königsbrunner Heide nicht nur eine ungewöhnliche Vielfalt von Pflanzenarten, sondern ebenso von unterschiedlichsten Vegetationstypen entwickeln. Während die Königsbrunner Heide an zwei Seiten von Auenwald umrahmt ist, zeigt die Garchinger Heide ein einheitlicheres Bild. So gibt diese den Blick in die Weite frei und erinnert eher an eine Steppenlandschaft. Die fast überall äußerst flachgründige Humusdecke über den durchlässigen Schottern hat eine einheitlichere Pflanzenwelt wachsen lassen, die viele Elemente der Steppenflora enthält. Daneben sind es besonders die dealpinen Sippen, die in den ersten Frühlingsmonaten einen einzigartigen Farbenreichtum hervorbringen.
Bildquellen: 4x Heideflächenverein Garching
3. Menschliche EinwirkungenDer Bereich um die Königsbrunner Heide war bis in die letzten Jahrhunderte eine natürliche Flußlandschaft, geprägt durch Auenwälder und laufend verändert durch auftretende Hochwasser. Menschliche Siedlungen waren im unmittelbaren Heidebereich deshalb nicht möglich. Anders gestalteten sich die Verhältnisse im Raum der Garchinger Heide. Menschliche Spuren gehen hier auf das zweite Jahrtausend vor Christus zurück; bronzezeitliche Hügelgräber mit Grabbeigaben wie Armreifen und Nadeln deuten auf eine Besiedlung in dieser Zeit hin. Römische Münzenfunde in Begräbnisstätten, Reste einer Römerstraße, sowie Spuren von mittelalterlichen Hochäckern zeigen, daß dieses Heidegebiet auch in den vergangenen zwei Jahrtausenden stets menschlicher Nutzung ausgesetzt war. Im 19. Jahrhundert diente der offene Raum als Manövergelände. Noch im Jahre 1945 wurde - als das Gebiet längst Eigentum der Bayerischen Botanischen Gesellschaft war - begonnen, eine Rollbahn für Flugzeuge auf dem Heidegelände anzulegen. Zurück zur Königsbrunner Heide. Wie schon erwähnt, ist über die Frühgeschichte der westlichen Bereiche des Lech im Süden von Augsburg wenig bekannt. Vor etwa 600 Jahren kam die Meringer Au, so wurde der Auenbereich südlich von Augsburg bezeichnet, in den Besitz der Freien Reichsstadt Augsburg. Sie wurde zum Teil forstwirtschaftlich genutzt. Die am Südrand gelegene Heidefläche. die spätere Königsbrunner Heide, gehörte noch um die Mitte des vorigen Jahrhunderts zum Lechfeld, einem riesigen, bis Landsberg reichenden, extensiv beweideten Magerrasengelände "baumlos bis an die Ufer des Lechs", wie 1859 O. SENDTNER, der bedeutende Pflanzengeograph, schrieb. Das ganze Gebiet war praktisch unbewohnt. Rinder und Schafe wurden von den westlich gelegenen Siedlungen dorthin auf die Weide getrieben Erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts bzw. nach 1900 wurde in diesem Bereich der Lech durch Dammbauten in sein jetziges Bett gezwungen. Das karge Land kam in den letzten Jahrzehnten zunehmend unter den Pflug, so daß nur noch kleine Restflächen wie die Heide bei Königsbrunn vom Pflanzenreichtum und von der Artenvielfalt früherer Zeit zeugen.
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