4. Inschutznahme der verbliebenen naturnahen Restflächen
Zurück |
Erst in diesem Jahrhundert wurde erkannt, daß letzte Zeugen ursprünglicher, reicher Natur auch späteren Generationen erhalten werden sollten. Die Rettung des verbliebenen Teiles der Garchinger Heide geschah im Wesentlichen zwischen 1907 und 1914 . Es war vor allem das Verdienst des damaligen Vorsitzenden der Bayerischen Botanischen Gesellschaft, Dr. Franz Vollmann, daß die Heide in der heutigen Größe erhalten werden konnte. In langwierigen Verhandlungen mit den Grundbesitzern und mit finanzieller Hilfe von Naturfreunden wurde Stück für Stück erworben und diese 54 Tagwerk umfassende Fläche anläßlich des 90. Geburtstags von Prinzregent Luitpold am neunten Februar 1911 zum Schutzgebiet erklärt. In späteren Jahren konnten nur noch kleine Flächen dazu erworben werden.
Auch in diesem Fall erstreckte sich das Heidegebiet - ähnlich der früheren Königsbrunner Heide - bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts vom Nordrand der Stadt München ca. 20 Kilometer weit bis zum Freisinger Moos. Die Königsbrunner Heide wurde im Jahre 1940 im Rahmen der lnschutznahme des „Stadtwaldes Augsburg“ zum Naturschutzgebiet erklärt. Die Benennung „Königsbrunner Heide" ist übrigens nicht alt. Sie ist erst 1959 durch A. Bresinsky in die Literatur eingegangen. Dies ist umso merkwürdiger, als die Augsburger Floristen der Jahrhundertwende und späterer Jahre genau über die Pflanzenwelt und die Biotope ihres Gebietes Bescheid wußten. Es war wohl so, daß damals größere naturnahe Bereiche vorhanden waren und nicht die Notwendigkeit bestand, kleinere Flächen abzugrenzen und zu benennen.
Hinweistafel im Naturschutzgebiet | Spargelschote |
In den ersten Jahren der Nachkriegszeit lagen am Lech naturschützerische Belange völlig darnieder. So konnte es geschehen, daß das Gebiet der Heide, die schon fünf Jahre vorher als Naturschutzgebiet ausgewiesen worden war, 1945 durch eine Nadelholzaufforstung zweigeteilt und im östlichen Teil ein Streifen umgepflügt wurde.
|
|
Pflanzenarten, die sowohl auf der Königsbrunner Heide wie auf der Garchinger Heide vorkommen
5. Die Flora der beiden Heiden
Welche Gründe waren es, die Lech- und Isarheiden in der botanischen Welt bekannt machten? Es ist die Vielzahl von größtenteils gefährdeten Arten, die hier inmitten der umgebenden Kulturlandschaft eine letzte Zufluchtstätte gefunden haben. Beide Fächen beherbergen seltene Sippen, die sich hier aus alIen Himmelsrichtungen eingefunden haben.
Dealpine Arten
Da sind zunächst die dealpinen Arten, die heute ihre Hauptverbreitung in den Alpen haben. Vielleicht sind sie mit den Hochwassern der Flüsse ins Alpenvorland gekommen, vielleicht haben sie aber auch seit der Nacheiszeit dort überdauert. Bei der Königsbrunner Heide waren es wohl vor allem die Hochwasser der vergangenen Zeiten, die aus den Bergen Samen und Pflanzenteile mit sich führten. Zum Teil haben sich dealpine Arten auf den Kiesinseln und Sandbänken des Flusses als Pionierpflanzen angesiedelt, wie z.B. das Kriechende Gipskraut (Gypsophila repens) oder die Zwergglockenblume (Campanula cochlearifolia).
Die Isar stellte vielleicht den Transportweg für den Alpen-Steinquendel (Acinos alpinus) auf der Garchinger Heide dar. Weitere dealpine Arten wie die Berg - Distel (Carduus defloratus), Alpenpippau (Crepis alpestris), Salzburger Augentrost ( Euphrasia salisburgensis) und Immergrüne Segge ( Carex sempervirens), bevölkern in unterschiedlicher Häufigkeit beide Heiden. Manche Pflanzenarten sind - anders als die dealpinen Arten - den Flußtälern folgend von der Alb nach Süden gewandert. Hier sind die Gewöhnliche Kugelblume (Globularia punctata) und der Schwarzwerdende Geißklee (Lembotropis nigricans) zu erwähnen.
Kontinentale Arten
Aus östlicher Richtung, insbesondere den dortigen Steppengebieten, sind kontinentale, trockenheits-liebende Arten in die Schotterflächen des Voralpenlandes vorgedrungen. Reste konnten sich auf unseren geschützten Heiden erhalten. Hier ist es die Garchinger Heide in ganz besonderem Maße, die im Frühling mit diesen „Steppenpflanzen" einen einmalig schönen Anblick bietet. Das Frühlings-Adonisröschen (Adonis vernalis) wächst hier, einzig in Südbayern, in erfreulicher Anzahl. Zwei Küchenschellenarten, die Finger-Küchenschelle (Pulsatilla patens) und die Gemeine Küchenschelle (Pulsatille vulgaris) tragen zum Frühlingsaspekt bei, ergänzt durch das tiefe Blau unserer dealpinen, im Frühling blühenden Enziane (Gentiana verna und Gentiana clusii). Im frühen Sommer ist es der Ausdauernde Lein (Linum perenne), welcher der Heide ihr Gepräge gibt; die Bunte Schwertlilie (Iris variegeta) hat hier ebenfalls ein letztes Refugium gefunden.
Weitere Arten aus östlichen Bereichen haben unsere Heiden gemeinsam. Nur die herausragenden Spezies seien genannt: Der Regensburger Geißklee (Chamaecytisus ratisbonensis), der am Lech seine Westgrenze erreicht, die Berg-Aster (Aster amellus), die Gold-Aster (Aster linosyris), der Rauhe Alant (Inula hirta), die Graue Skabiose (Scabiosa canescens), der Steppen-Fenchel (Seseli annuum) und viele andere. Auf der Königsbrunner Heide beobachten wir zusätzlich den Kreuz-Enzian (Gentiana cruciata), die Niedrige Schwarzwurzel (Scorzonera humilis) und die Hirschwurz (Peucedanum cervaria).
Submediterrane Arten
Es ist bekannt, daß eine Anzahl von Sippen aus südlichen Gefilden auf unseren Heiden einen Heimstatt gefunden haben. Vor allem sind es die Orchideen, die besonders das Lechtal mit seinen Heiden bekannt gemacht haben. So können wir auf der Königsbrunner Heide sämtliche vier in Deutschland vorkommmenden Ragwurz-Arten auf engem Raum feststellen: allerdings blühen sie nicht jedes Jahr. Die Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) war z.B. jahrzehntelang nicht im Lechtal gefunden worden, bis sie 1964 wiederentdeckt wurde und seit dieser Zeit immer wieder auf der Königsbrunner Heide zu beobachten ist. Ähnlich verhält es sich mit der Pyramiden- Spitzorchis (Anacampis pyramidalis), die in jüngster Zeit häufiger im Lechbereich zu beobachten war. Auf der Königsbrunner Heide gibt es 15 Orchideenarten, zehn weitere im nördlich angrenzenden Naturschutgebiet „Stadtwald Augsburg". Der Klebrige Lein (Linum viscosum) zeigt im Hochsommer seine großen rosafarbenen Blüten. Er hat in Bayern nur wenige Wuchsorte außerhalb des Lechtals. Weiterhin ist die Spargelbohne (Tetragonolobus maritimus) und die Felsen-Nelke (Petrorhagia saxifraga) mit zarten rosa Blüten zu nennen
Bienenragwurz | Kreuzenzian |
Daß der Ästige Schachtelhalm (Equisteum ramosissimum) durch seine Ausbreitung mit unterirdischen Ausläufern auf den Lechheiden zum Problem werden kann, soll hier nur angemerkt werden. Die Garchinger Heide weist eine geringere Zahl submediteraner Sippen auf, dafür sind die dort vor-kommenden Arten von großem Seltenheitswert. Die Violette Schwarzwurzel (Scorzonera purpurea) mit auflallenden blaßvioletten Blüten hat sich dort in letzter Zeit vermehrt. Die Bunte Flockenblume (Centaurea triumfetti) weist hier ihren einzigen deutschen Wuchsort auf; der Backenklee (Dorycnium germanicum) ist ausschließlich entlang der Isar vertreten. Hervorzuheben ist, daß die große Mehrzahl aller bemerkenswerten und gefährdeten Spezies der beiden Heiden vorhanden ist, was auf eine grundsätzlich gleiche Entwicklungsgeschichte hindeutet. Die Artenvielfalt, aufgeschlüsselt auf beide Flächen, soll in den folgenden Tabellen dargestellt werden, die auf eigenen Beobachtungen und Literaturauswertung beruhen: Nomenklatur und Pflanzen-geographische Angaben nach OBERDORFER 1970.
|
|
Oberer Abschnitt: Pflanzen, die nur auf der Garchinger Heide vorkommen | Nur auf der Königsbrunner Heide vorkommende Pflanzenarten |
6. Schutz der Heiden
Die beiden Flächen sind schon vor Jahrzehnten als Naturschutzgebiete ausgewiesen worden. Trotzdem geschah es, wie oben erwähnt, daß unter den extremen Bedingungen des letzten Krieges auf der Garchinger Heide ein Rollfeld für Flugzeuge angelegt wurde, während die Königsbrunner Heide in der Nachkriegszeit durch Aufforstung zweigeteilt worden ist und ein breiter Streifen an ihrem Ostrand umgepflügt wurde. Noch vor zehn Jahren wurde zwischen den Aufforstungsflächen ein Wildacker angelegt. Derartiges konnte damals noch durchgeführt werden. In den letzten Jahren hat die Bedeutung des Naturschutzes zum Glück zugenommen und es ist nicht anzunehmen, daß solche Eingriffe nochmals vorgenommen werden.
Da Schutzgebiete eine Mindestgröße ausweisen müssen, um langfristig bestehen zu können, ist es erforderlich, die seinerzeit im Bereich der Königsbrunner Heide widerrechtlich gepflanzten Waldstreifen langsam, aber sicher abzubauen. In den letzten Jahren wurde ein Anfang gemacht. Kleine Parzellen wurden „durchforstet". Als Folge dieser Auslichtung konnten wir hier eine Anzahl von Arten wie die Ästige Graslilie (Anthericum ramosum), die Sumpf-Gladiole (Gladiolus palustris), das Rindsauge (Buphthalmum salicifolium), den Färber-Meier (Asperula tinctoria) und andere wiederentdecken.
Die Pflege der Magerrasenflächen wird auf der Garchinger Heide seit Jahrzehnten, auf der Königsbrunner Heide seit 1982 durchgeführt. Versuche mit extensiver Schafbeweidung haben sich nicht bewährt. Gewöhnlich wird die spätherbstliche Mahd alle zwei Jahre vorgenommen. Dabei muß das Mähgut so bald als möglich abgeräumt werden, um eine Nährstoffanreicherung , im Boden zu minimieren. Seltene Pflanzen stellen oft die Nahrung, aber auch das Winterquartier für Kleintiere wie Schmetterlinge, Heuschrecken, Käfer etc. dar; um diesen gute Überlebenschancen zu sichern, findet die Mahd in jährlich wechselnden Bereichen statt.
Problematisch bleibt der zunehmende Stickstoffeintrag durch die Luft, der wie Dünger wirkt und daher hochwachsende Gräser wie Reitgras und Pfeifengras begünstigt. Vor dem seitlichen Düngereintrag aus landwirtschaftlicher Nutzung wird wohl nur eine Erweiterung der Schutzgebiete durch Anlage von Pufferzonen schützen. Gegen die Veränderung der Vegetation auf den eigentlichen Heideflächen wird möglicherweise nur die Schaffung von Rohbodenflächen Erfolg bringen, die einen Neubeginn der Vegetationsentwicklung bringt. Versuche dazu sind derzeit im Umfeld der Garchinger Heide im Gang
|
|
Orchideen im Stadtwald Augsburg ohne Königsbrunner Heide | Orchideen der Königsbrunner Heide |
Zurück |