Johann Stangl (1923 - 1988)
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Die Jahre 1987 und 1988 waren durch den Tod von drei deutschsprachigen Mykologen recht verlustreich für die Pilzkunde. Es starben:
Dr. Hermann Jahn | 1911 - 19.07.1987 | Mykologe; wichtiges Werk "Pilze, die an Holz wachsen" |
Prof. Dr. Hans Kühlwein | 1911 - 19.01.1988 | Langjähriger Vorsitzender (1951 - 1976) der Deutschen Gesellschaft für Pilzkunde |
Johann Stangl | 1923 - 09.05.1988 | Mykologe, Hauptwerk "Die Gattung Inocybe in Bayern" |
Das folgende Lebensbild gilt dem Letztgenannten, der aus unserer Vereinsgeschichte nicht wegzudenken ist.
Johann Stangl wurde am 3. Juli 1923 in Augsburg geboren. 1937 - 1940 machte er eine Schlosserlehre bei den Augsburger Stadtwerken, denen er nach seiner Kriegsteilnahme (1940 - 1944, dann Verwundung) bis zur Pensionierung 1983 angehörte. Er war dort schließlich Betriebsinspektor im Röhren und Brunnenbau (beim Brunnenbau im Augsburger Stadtwald so behaupteten spitze Zungen soll er auch hin und wieder abseits nach interessanten Pilzen Ausschau gehalten haben, eine lässliche Sünde, hat er ja diese Zeit wieder "hereingearbeitet" als wöchentlicher Pilzberater am Augsburger Stadtmarkt).
Johann Stangl mit Mikroskop
Johann Stangl war 1955 Gründungsmitglied des "Vereins für volkstümliche Pilzkunde Augsburg" (später einfacher "Pilzverein Augsburg" und jetzt "Pilzverein Augsburg - Königsbrunn") und hat sich im Laufe der Zeit so intensiv mit der Pilzkunde befasst, dass er, obwohl Autodidakt und Nichtakademiker, doch nach wenigen Jahrzehnten bereits zu den anerkannten internationalen Mykologen zählte. Hier sei z.B. auf seine Freundschaft mit dem italienischen Mykologen Bruno Cetto sowie auf seine zahlreichen Veröffentlichungen in der tschechischen Zeitschrift für Mykologie hingewiesen.
Bild Stangl/Cetto
Mit Linus Zeitlmayr (Knaurs Pilzbuch) unterhielt er auch freundschaftliche Kontakte.
Seine Bedeutung geht auch daraus hervor, dass einige neubeschriebene Pilze seinen Namen tragen z.B. Inocybe stangliana, Coprinus stanglianus, Rhodocybe (Squamanita) stangliana.
J. Stangl befasste sich mit den sog. Großpilzen und hier schwerpunktmäßig mit der Gattung Inocybe (= Risspilze). Innerhalb derselben hat er auch Systematik betrieben und auch eine Reihe von Erstbeschreibungen durchgeführt. Nach Anfertigung von Aquarellen zu sehen in seinem Lebenswerk "Die Gattung Inocybe in Bayern“. Neben akribischen Mikrostudien wurden Exsikkate gefertigt und alles zusammen ging dann jeweils an das Staatsherbarium München. Ein großer Teil und nicht nur Inocyben des dortigen Herbariums, soweit es Pilze betrifft, stammt von unserem J. Stangl.
Die Gattung „Inocybe in Bayern" war, wie erwähnt, sein Lebenswerk. Leider hat J. Stangl das Erscheinen dieses von der HOPPEA (Regens. Bot.Gesellsch.) herausgegebenen Standardwerkes nicht mehr erlebt. Seine Frau hat dann stellvertretend für ihn das erste Exemplar im Rahmen einer Feierstunde im Fürstenzimmer des Augsburger Rathauses am 5. Mai 1989 in Empfang nehmen dürfen.
Bresinsky/Fr.Stangl
Viele Freunde und alle Familienmitglieder waren anwesend.
Fam. Stangl
Weitere 40 kleinere und größere Publikationen in verschiedenen Zeitschriften und Organen beginnend mit dem Jahr 1961 zeugen von seinem Wirken. Unbedingt erwähnt werden muss an dieser Stelle auch seine in Zusammenarbeit mit dem pilzkundlichen Arbeitskreis entstandene Dokumentation "Pilzflora von Augsburg und Umgebung“ herausgegeben 1985 vom Pilzverein Augsburg anlässlich dessen 30 jährigem Bestehen.
OB/Bresinsky mit Stangl
Nicht weniger als 1692 Pilzarten sind darin erfasst und anhand von ebenso vielen Verbreitungskärtchen dokumentiert.
Abgesehen von seinem wissenschaftlichen Wirken war J. Stangl auch der "Motor" des Pilzvereins Augsburg und dessen Arbeitskreis. Er war unser Pilzexperte schlechthin und immer die letzte Instanz. Ab 1976 war er auch einige Jahre der Vorsitzende, ist aber dann zurückgetreten, da er Verwaltungsdinge ungern machte. Er wurde zum Ehrenmitglied ernannt. Unser Stangl war ein grundgütiger Mann allerdings auch mit Ecken und Kanten, die manchmal auch bei der Pilzberatung am Augsburger Stadtmarkt die noch heute stattfindet zutage treten konnten.
Stangl bei der Pilzberatung (mit Riesenbovist)
Er wurde beispielsweise regelmäßig fuchtig, wenn einer ein kaum ein Gramm wiegendes Pilzchen, z.B. einen Helmling, anbrachte mit der Frage "Kann man den essen? ". Solche und ähnliche Fragen erhielten zumeist entsprechend gewürzte Antworten.
J. Stangl bildete auch einige interessierte Mitglieder zu Pilzberatern aus, die dann von Herrn Kaiser und Herrn Enderle von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie nach eingehender Prüfung in dieser Eigenschaft bestätigt worden sind.
So hat Johann Stangl stets in uneigennütziger Weise für den Verein, für die Allgemeinheit und für die Wissenschaft gewirkt. So war sein allzu früher Tod für alle ein vollkommen unerwarteter und herber Verlust. Was hätte er noch alles schaffen können!
Karl Pfaff
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