Baumbestimmung im Winter vom 15.3.2008: Haltenberg
Führung: | Fritz Frank |
Teilnehmer: | 7 |
Wetter: | tags zuvor bewölkt, regnerisch und windig-böig; am Exkursionstag zunächst neblig, trocken und kaum windig, ab Mittag schließlich sonnig bei Temperaturen um 12 Grad Celsius |
Exkursionsgebiet: | D - BY - Reg.-Bez. Oberbayern - LK Landsberg am Lech - Kaufering - Haltenberg, Weiler Weg - Westerholz Höhe über NN: 590 m Messtischblatt: 7831/3.2.3 |
Standort: | Bäume und Sträucher am Standort: Bergahorn (Acer pseudoplatanus), Douglasie (Pseudotsuga menziesii), Eberesche (Sorbus aucuparia), Europäische Lärche (Larix decidua), Gemeine Fichte (Picea abies), Gewöhnliche Esche (Fraxinus excelsior), Hängebirke (Betula pendula), Hainbuche (Carpinus betulus), Hybrid-Schwarzpappel (Populus x canadensis), Rotbuche (Fagus sylvatica), Stieleiche (Quercus robur), Schwarzer Holunder (Sambucus nigra), Seidelbast (Daphne mezereum), Weißtanne (Abies alba), Winterlinde (Tilia cordata) |
Bericht:
Noch vor Erreichen des Treffpunkts war bereits aus weiter Entfernung die Pappelallee am Waldrand zu sehen. Das passte gut, denn es stand die Bestimmung von Bäumen und Sträuchern im Vordergrund. Hierbei handelte es sich aber um keine reinrassigen Schwarzpappeln, sondern um einen Bastard unserer heimischen Art mit einer amerikanischen Pappel. Jene Hybridpappeln (Populus x canadensis) werden vegetativ vermehrt, sind also Klone. Im Gegensatz zur Schwarzpappel (Populus nigra) weist ihr Holz weniger Drehwuchs auf. Hinter dem Pappelsaum versteckte sich noch ein Schwarzer Holunder (Sambucus nigra), der vom Roten Holunder (Sambucus racemosa) leicht anhand seines weißen Marks unterschieden werden kann - das Mark des Roten Holunders ist dagegen braun gefärbt. Daneben stand noch eine Vogelbeere oder Eberesche (Sorbus aucuparia): Markant waren hier vor allem die filzigen Knospen.
Weiter im Wald fiel unser Blick auf eine alte, majestetische Stieleiche (Quercus robur), die aufgrund der knorrigen Borke unverkennbar war. In unmittelbarer Umgebung standen zudem etliche Europäische Lärchen (Larix decidua). Sie werfen im Herbst als einziger einheimischer Nadelbaum ihr Nadelkleid ab. Dennoch sind die am Boden liegenden Äste eindeutig an den höckerigen Kurztrieben zu erkennen. Hier konnte Andreas Kunze ein Haarbecherchen (Lachnellula spec.) ausmachen. Die unauffälligen „Punkte“ maßen jedoch nur wenige Millimeter. Erst bei der Vergrößerung mit einer Lupe offenbarte sich ihre volle Schönheit: Die kurz gestielten, becherförmigen Fruchtkörper waren außen weiß behaart und innen gelborange gefärbt. Eine sichere Bestimmung gelingt jedoch nur mit Hilfe des Lichtmikroskops.
Einige Meter weiter entdecktem wir einige umgestürzte Baumriesen, die anhand der glatten, grauen Rinde im Nu als Rotbuchen identifiziert wurden. Markant waren ferner die länglichen, konisch zugespitzten Knospen. Gleich zwei Pilze zeigten sich für die Windwurfopfer verantwortlich: der Brandkrustenpilz (Hypoxylon deustum) und der Riesenporling (Merupilus giganteus). Während von letzterem nur noch die bleichen Überreste am Stammgrund zu sehen waren, zeigte sich zwischen den schwarzen Krusten (Name!) des Brandkrustenpilzes bereits die Nebenfruchtform in Form von hellgrau bis schmutzig rosa gefärbten, weißrandigen Überzügen.
Als nächstes geriet eine Douglasie (Pseudotsuga menziesii) ins Blickfeld. Sie gehört in die Familie der Kieferngewächse und zählt nicht zu den heimischen Baumarten. Andreas Staber wies auf die im Vergleich zur Fichte und Tanne weichen Nadeln hin. Interessant war auch seine Demonstration, dass die Rinde junger Douglasien Bläschen mit Harzeinschlüssen aufweist. Außerdem sitzen die Nadeln im Unterschied zu Fichtennadeln direkt auf dem Zweig auf. Ferner ist ihr Fuß anders als bei Tannen unverdickt.
Der anschließende Halt galt einer Winterlinde (Tilia cordata). Linden sind anhand der längsrissigen und dicht gerippten Borke sowie des wechselständig und flach verzweigten Geästs gut zu erkennen. Von der Sommerlinde unterscheidet sich die Winterlinde durch kleinere, rötlich bis weinrot statt grün bis olivgrün gefärbte Knospen sowie überwiegend rötlich/ rotbraune und kahle statt grüne und behaarte Zweige. In unmittelbarer Umgebung fand sich dann noch ein knorpelig-gelatinösen Pilz an einem liegenden Ast, dem eine Affinität zu Linden-Arten nachgesagt wird: der Knorpelige Drüsling (Exidia cartilaginea). Funde werden auch von Eiche berichtet – beide Edellaubhölzer waren im Exkursionsgebiet vorhanden, die WInterlinde lokal sogar recht häufig.
Kurz vor einer Weggabelung stieß die Gruppe auf etliche junge Weißtannen (Abies alba) – die großen Bäume, die für die natürliche Verjüngung sorgten, standen unweit zwischen ein paar Fichten (Picea abies). Während Andreas Kunze auf einige spezifische Pilzarten hinwies, machte Andreas Staber an einem am Boden liegenden Weißtannenast mit der Orangefarbenen Mehlscheibe (Aleurodiscus amorphus) gleich einen entsprechenden Fund. Zur Freude aller Pilzfreunde beherbergte die Art auch noch die farblosen, gelatinösen Pusteln des Parasitischen Zitterlings (Tremella mycophaga). Die Art parasitiert ausschließlich auf den Fruchtkörpern der Mehlscheibe.
Auch die ersten Vertreter der Lamellenpilze zeigten sich: der essbare Fichtenzapfennagelschwamm (Strobilurus esculentus) und der ungenießbare Fichtenzapfenhelmling (Mycena strobilicola). Beide Arten sind auf die Zersetzung von Fichtenzapfen spezialisiert. Der Helmling kann leicht an dem intensiven Geruch nach Chlor/ Schwimmbad vom schwach würzig duftenden Nagelschwamm unterschieden werden. Er besitzt zudem in seiner Stielfarbe stets eine gelbe Farbkomponente, wohingegen der Helmling durch einen braungrauen Stiel ohne jeglichen Gelbton gekennzeichnet ist.
Nach einigen Rindenpilzen und Porlingen marschierten wir ein Stück quer durch den Wald und schlugen einen Bogen zurück zum Parkplatz. Unterwegs erfreuten wir uns am Anblick eines Tannenareals: Anmutig wie Säulen stemmten die mit Efeu berankten Stämme das immergrüne Nadeldach über den Waldboden.
Mit vielen neuen Erkenntnissen über Bäume, Sträucher und Pilze endete die Wanderung gegen 15 Uhr – erstaunlich, was es alles zu entdecken gibt, wenn das Lauftempo verlangsamt und stattdessen die Umgebung genauer unter die Lupe genommen wird.
Andreas Kunze
Weiter im Wald fiel unser Blick auf eine alte, majestetische Stieleiche (Quercus robur), die aufgrund der knorrigen Borke unverkennbar war. In unmittelbarer Umgebung standen zudem etliche Europäische Lärchen (Larix decidua). Sie werfen im Herbst als einziger einheimischer Nadelbaum ihr Nadelkleid ab. Dennoch sind die am Boden liegenden Äste eindeutig an den höckerigen Kurztrieben zu erkennen. Hier konnte Andreas Kunze ein Haarbecherchen (Lachnellula spec.) ausmachen. Die unauffälligen „Punkte“ maßen jedoch nur wenige Millimeter. Erst bei der Vergrößerung mit einer Lupe offenbarte sich ihre volle Schönheit: Die kurz gestielten, becherförmigen Fruchtkörper waren außen weiß behaart und innen gelborange gefärbt. Eine sichere Bestimmung gelingt jedoch nur mit Hilfe des Lichtmikroskops.
Einige Meter weiter entdecktem wir einige umgestürzte Baumriesen, die anhand der glatten, grauen Rinde im Nu als Rotbuchen identifiziert wurden. Markant waren ferner die länglichen, konisch zugespitzten Knospen. Gleich zwei Pilze zeigten sich für die Windwurfopfer verantwortlich: der Brandkrustenpilz (Hypoxylon deustum) und der Riesenporling (Merupilus giganteus). Während von letzterem nur noch die bleichen Überreste am Stammgrund zu sehen waren, zeigte sich zwischen den schwarzen Krusten (Name!) des Brandkrustenpilzes bereits die Nebenfruchtform in Form von hellgrau bis schmutzig rosa gefärbten, weißrandigen Überzügen.
Als nächstes geriet eine Douglasie (Pseudotsuga menziesii) ins Blickfeld. Sie gehört in die Familie der Kieferngewächse und zählt nicht zu den heimischen Baumarten. Andreas Staber wies auf die im Vergleich zur Fichte und Tanne weichen Nadeln hin. Interessant war auch seine Demonstration, dass die Rinde junger Douglasien Bläschen mit Harzeinschlüssen aufweist. Außerdem sitzen die Nadeln im Unterschied zu Fichtennadeln direkt auf dem Zweig auf. Ferner ist ihr Fuß anders als bei Tannen unverdickt.
Der anschließende Halt galt einer Winterlinde (Tilia cordata). Linden sind anhand der längsrissigen und dicht gerippten Borke sowie des wechselständig und flach verzweigten Geästs gut zu erkennen. Von der Sommerlinde unterscheidet sich die Winterlinde durch kleinere, rötlich bis weinrot statt grün bis olivgrün gefärbte Knospen sowie überwiegend rötlich/ rotbraune und kahle statt grüne und behaarte Zweige. In unmittelbarer Umgebung fand sich dann noch ein knorpelig-gelatinösen Pilz an einem liegenden Ast, dem eine Affinität zu Linden-Arten nachgesagt wird: der Knorpelige Drüsling (Exidia cartilaginea). Funde werden auch von Eiche berichtet – beide Edellaubhölzer waren im Exkursionsgebiet vorhanden, die WInterlinde lokal sogar recht häufig.
Kurz vor einer Weggabelung stieß die Gruppe auf etliche junge Weißtannen (Abies alba) – die großen Bäume, die für die natürliche Verjüngung sorgten, standen unweit zwischen ein paar Fichten (Picea abies). Während Andreas Kunze auf einige spezifische Pilzarten hinwies, machte Andreas Staber an einem am Boden liegenden Weißtannenast mit der Orangefarbenen Mehlscheibe (Aleurodiscus amorphus) gleich einen entsprechenden Fund. Zur Freude aller Pilzfreunde beherbergte die Art auch noch die farblosen, gelatinösen Pusteln des Parasitischen Zitterlings (Tremella mycophaga). Die Art parasitiert ausschließlich auf den Fruchtkörpern der Mehlscheibe.
Auch die ersten Vertreter der Lamellenpilze zeigten sich: der essbare Fichtenzapfennagelschwamm (Strobilurus esculentus) und der ungenießbare Fichtenzapfenhelmling (Mycena strobilicola). Beide Arten sind auf die Zersetzung von Fichtenzapfen spezialisiert. Der Helmling kann leicht an dem intensiven Geruch nach Chlor/ Schwimmbad vom schwach würzig duftenden Nagelschwamm unterschieden werden. Er besitzt zudem in seiner Stielfarbe stets eine gelbe Farbkomponente, wohingegen der Helmling durch einen braungrauen Stiel ohne jeglichen Gelbton gekennzeichnet ist.
Nach einigen Rindenpilzen und Porlingen marschierten wir ein Stück quer durch den Wald und schlugen einen Bogen zurück zum Parkplatz. Unterwegs erfreuten wir uns am Anblick eines Tannenareals: Anmutig wie Säulen stemmten die mit Efeu berankten Stämme das immergrüne Nadeldach über den Waldboden.
Mit vielen neuen Erkenntnissen über Bäume, Sträucher und Pilze endete die Wanderung gegen 15 Uhr – erstaunlich, was es alles zu entdecken gibt, wenn das Lauftempo verlangsamt und stattdessen die Umgebung genauer unter die Lupe genommen wird.
Andreas Kunze
Bilder:
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Bild 1: Mehr als ein halbes Dutzend Naturfreunde genossen die Wanderung im Sonnenschein. | Bild 2: Orangefarbene Mehlscheibe (Aleurodiscus amorphus) |
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Bild 3: Pilzfotograf im Einsatz | Bild 4: Schwarzschorf der Rotbuche (Ascodichaena rugosa) |
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Bild 1: Seidelbast (Daphne mezereum) | Bild 2: Seidelbastknospen |
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Bild 3: Die länglichen, runenartigen Fruchtkörper gaben der Schriftflechte ihren Namen. | Bild 4: Spaltblättling (Schizophyllum commune) |
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Bild 1: Striegeliger Schichtpilz (Stereum hirsuta) | Bild 2: Striegeliger Schichtpilz (Stereum hirsuta) |
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Bild 3: Baum- und Moosbestimmung | Bild 4: Parasitischer Zitterling (Tremella mycophaga) |
Fundliste
Gattung | Art | Deutscher Name | |
1 | Aleurodiscus | amorphus | Orangefarbene Mehlscheibe |
2 | Ascodichaena | rugosa | Schwarzer Rindenschorf der Rotbuche |
3 | Auricularia | auricula-judae | Judasohr |
4 | Cylindrobasidium | laeve | Ablösender Rindenpilz |
5 | Cylindrocolla | urticae | Orangefarbenes Brennesselbecherchen |
6 | Dacrymyces | stillatus | Zerfließende Gallertträne |
7 | Diatrype | stigma | Flächiges Eckenscheibchen |
8 | Exidia | cartilaginea | Knorpeliger Drüsling |
9 | Exidia | glandulosa | Stoppeliger Drüsling |
10 | Exidia | pithya | Teerfleckendrüsling |
11 | Exidia | plana | Warziger Drüsling |
12 | Fomes | fomentarius | Zunderschwamm |
13 | Fomitopsis | pinicola | Rotrandiger Baumschwamm |
14 | Ganoderma | applanatum | Flacher Lackporling |
15 | Hypoxylon | deustum | Brandkrustenpilz |
16 | Hypoxylon | rubiginosum s.l. | Ziegelrote Kohlenkruste |
17 | Lachnellula | occidentalis | Lärchenhaarbecherchen |
18 | Leptosphaeria | acuta | Zugespitzter Kugelpilz |
19 | Lycoperdon | pyriforme | Birnenstäubling |
20 | Meripilus | giganteus | Riesenporling |
21 | Meruliopsis | corium | Lederhäutiger Fältling |
22 | Mycena | strobilicola | Fichtenzapfenhelmling |
23 | Nectria | spec. | Pustelpilz |
24 | Panellus | stypticus | Bitterer Zwergknäueling |
25 | Peniophora | incarnata | Fleischroter Zystidenrindenpilz |
26 | Peniophora | rufomarginata | Lindenzystidenrindenpilz |
27 | Piptoporus | betulinus | Birkenporling |
28 | Pleurotus | ostreatus | Austernseitling |
29 | Polyporus | brumalis | Winterporling |
30 | Rhytisma | acerinum | Ahornrunzelschorf |
31 | Schizophyllum | commune | Spaltblättling |
32 | Stereum | subtomentosum | Striegeliger Schichtpilz |
33 | Strobilurus | esculentus | Fichtenzapfennagelschwamm |
34 | Trametes | hirsuta | Striegelige Tramete |
35 | Trametes | versicolor | Schmetterlingstramete |
36 | Tremella | mycophaga | Parasitischer Zitterling |
37 | Trichaptum | abietinum | Gemeiner Violettporling |
38 | Vuilleminia | commedens | Gemeiner Rindensprenger |
39 | Xeromphalina | campanella | Geselliger Glöckchennabeling |
40 | Xylaria | carpophila | Buchenfruchtschalenholzkeule |
41 | Xylaria | hypoxylon | Geweihförmige Holzkeule |
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